Wissenschaft
Während am 20.01.2023 in Berlin rund 80 Agrarministerinnen und -minister diskutieren, wie das globale Ernährungssystem robuster werden kann [I], leiden viele Weltregionen unter einer Ernährungskrise, wie das Science Media Center Deutschland mitteilt.
Besonders dramatisch sei die Lage in Ostafrika. Obwohl Hilfsorganisationen seit Monaten vor einer Hungerkatastrophe warnen, kommen die Hilfsgelder bislang nicht zusammen.Am Horn von Afrika liegt die Ursache im Zusammenspiel diverser Krisen: Einige Regionen kämpfen seit 2020 mit Heuschreckenplagen und extremer Dürre.
Dazu kommen die Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie Bürgerkriege in Somalia und Äthiopien. Der Krieg in der Ukraine und in Folge die hohen Lebensmittel und Düngerpreise haben die Lage weiter verschärft.
Aktuell fallen Teile Somalias, des Südsudans, Kenias und Äthiopiens in die vierte Stufe („Emergency“) der IPC-Skala für Ernährungsunsicherheit [II]. Für Somalia solle zwischen April und Juni 2023 Vorhersagen zufolge eine Hungersnot ausgerufen werden [III] [IV] – die fünfte und letzte Stufe der IPC-Skala.
Davon betroffen seien zwei Bezirke der Bay-Region sowie Binnenflüchtlinge, die in informellen Siedlungen in den Städten Mogadishu und Baidoa leben. Insgesamt schätzt die Welthungerhilfe die Zahl der Hungernden in Ostafrika auf 21 Millionen [V].Die Lage erinnert an die Hungersnot in Somalia im Jahr 2011, an deren Folgen rund 250.000 Menschen starben [VI].
Erst als offiziell eine Hungersnot ausgerufen wurde, erhielt das Land internationale Hilfsgelder in großem Maße. Die Hilfen kamen zu spät, um die Katastrophe abzuwenden, denn zu diesem Zeitpunkt waren bereits über 100.000 Somalier gestorben.„Seit 2017 nehmen der globale Hunger und die Ernährungsunsicherheit wieder zu.
Diese Entwicklung wurde durch die Corona-Pandemie und die steigenden Nahrungsmittelpreise – auch im Zuge des Russland-Ukraine-Krieges – zusätzlich verstärkt. Dazu kommen auch weiter lokale Nahrungsmittelkrisen, wie jetzt in Ostafrika, die im Zusammenhang mit lokalen Auswirkungen der Klimakrise und durch Konflikte entstehen.“„Die Frühwarnsysteme für solche Krisen haben sich seit 2011 stark verbessert – durch eine verbesserte Nutzung von Fernerkundungsdaten und die bessere Verfügbarkeit von relevanten Daten wie beispielsweise Preisen.
Jedoch fokussieren diese sich häufig auf die lokale Nahrungsmittelproduktion. Veränderungen der Kaufkraft der Haushalte oder die Unterbrechung von Lieferketten für Nahrungsmittel – im Besonderen auch durch Konflikte – seien schwerer vorherzusehen.
Grundsätzlich sei besonders die Versorgung der Betroffenen in Konfliktgebieten kompliziert, unabhängig von der Früherkennung der Krisensituation. Dies sei in erster Linie durch die erschwerte Logistik und mangelhafte Verteilungsnetzwerke begründet, die dazu führt, dass Hilfspakete die Hungernden in bestimmten Gebieten nicht erreichen.
Im aktuellen Beispiel kamen ebenso Beschaffungsschwierigkeiten der Hilfsorganisationen hinzu, da diese in vorherigen Jahren große Mengen an Getreide aus der Ukraine bezogen haben. Das UN-Welternährungsprogramm fungiert häufig als Vermittler und versorgt Hilfsorganisationen wie die Welthungerhilfe mit Nahrungsmittelhilfen.
So kam es besonders in der ersten Jahreshälfte 2022 zu Engpässen bei der Versorgung von Nahrungsmittel-Hilfsprogrammen wie beispielsweise Schulspeisungen. Die ,Grains from Ukraine‘ Initiative könnte nun zumindest punktuell für Entlastung sorgen.“„Neben der Nothilfe durch Nahrungsmittellieferungen und Budgethilfe für überschuldete Staaten seien offene und funktionsfähige internationale Märkte für Nahrungs- und Düngemittel wichtig, um die lokalen Kristen nicht zu noch weiter zu verschärfen [1].
Dafür bedarf es einer verbesserten internationalen Koordination von UN, der Welthandelsorganisation und den G20. Im Besonderen der Zugang der Kleinbauern zu Düngemitteln muss gewährleistet werden, um die schon niedrigen Erträge nicht weiter fallen zu lassen. Dies hätte mittel- und langfristig verheerende Konsequenzen für die Ernährungssicherheit in Afrika.
Um eine Reduzierung des Hungers in Richtung des Sustainable Development Goals 2 zu erreichen, seien vermehrte Investitionen in Nahrungsmittelsysteme unabdingbar [2].“„Neben der nachhaltigen Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft und der Verbesserung des Marktzugangs für Kleinbauern muss ebenso in soziale Sicherungssysteme, wie Geldtransfers und öffentliche Arbeitsprogramme, investiert werden. Diese können im Krisenfall schnell und zielgerichtet Nothilfe leisten, ohne auf die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft zu angewiesen zu sein.“„Aufgrund von Rekorddürren, Konflikten und durch den Ukraine-Krieg gestiegenen Lebensmittelpreisen seien in Ostafrika so viele Menschen wie nie zuvor auf Nothilfe angewiesen.
Die COVID-19-Pandemie, der Klimawandel und Heuschreckenschwärme, die die Ernten zerstören, haben die Krisen noch verschärft. Schätzungen gehen von circa 20 Millionen hungernden Menschen aus.
Am stärksten betroffen sei Somalia, aber auch im Norden Kenias und in einigen Regionen Äthiopiens – Tigray, Amhara und Afar – sei akuter Hunger weit verbreitet. Was die augenblickliche Situation in Ostafrika besonders kritisch erscheinen lässt, sei die Gleichzeitigkeit mehrerer großer Krisen.
Einzelne Schocks wie einen einmaligen Ernteausfall können die Menschen vor Ort mit Unterstützung der lokalen Regierungen und überschaubarem Engagement der internationalen Gemeinschaft in der Regel noch bewältigen. Bei multiplen Krisen, wie wir sie derzeit in Ostafrika erleben, seien die lokalen Reaktionsmöglichkeiten aber schnell erschöpft, so dass die Geber die Hauptlast der Bewältigung tragen müssen.“„Die Akteure der internationalen Gebergemeinschaft – Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und internationale Institutionen – haben bisher nicht annähernd genug getan, um der humanitären Notlage in Ostafrika zu begegnen.
Das Zögern der Geber lasse sich nicht durch einen Mangel an Informationen über die Situation in den Krisengebieten erklären. Anders als vielleicht noch während der Hungersnot in Somalia 2011 seien die Warnsysteme inzwischen so gut ausgebaut, dass sich anbahnende Hungerkrisen frühzeitig und geografisch präzise erkannt werden können.
Die verhaltene Reaktion der Geber sei vielmehr durch eine Reihe von Faktoren zu erklären, die für die Entwicklungszusammenarbeit typisch sind: Erstens gibt es eine allgemeine Tendenz der Geber, weniger großzügig zu sein, wenn sich die eigene Wirtschaft in einer Rezession oder einer Phase niedrigen Wachstums befindet. Zweitens werde die Mobilisierung von Mitteln dadurch erschwert, dass es sich in Ostafrika um eine ,schleichende‘ Krise handelt, die nicht durch ein spektakuläres, medial verwertbares Einzelereignis wie etwa ein verheerendes Erdbeben ausgelöst wurde.
Drittens stellen sich Hungerkrisen in Afrika in der öffentlichen Wahrnehmung als wiederkehrendes Problem ohne wirkliche Lösung dar, was zu einem Überdruss der Geber (,donor fatigue‘) beiträgt. Und schließlich kommt aktuell als Sonderfaktor eine nennenswerte Umschichtung in den Entwicklungsbudgets der meisten OECD-Länder zu Gunsten der Ukraine hinzu.“„Eine effiziente Verteilung der Hilfen vor Ort werde zum einen durch mangelnde Geberkoordinierung – ein weiteres typisches Phänomen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit – behindert.
Die lokalen Regierungen müssen sich mit einer Vielzahl bilateraler Geber und Nichtregierungsorganisationen abstimmen, die sich wiederum nicht immer einig seien – zum Beispiel hinsichtlich der Frage, ob Finanz- oder Nahrungsmittelhilfen zu bevorzugen sind. Sinnvoller wäre es, wenn zumindest die bilateralen Geber ihre Mittel an eine internationale Institution mit entsprechender Expertise – etwa das Welternährungsprogramm – weiterleiten würden.
Idealerweise sollte diese Institution mit einem dauerhaften Budget ausgestattet sein, um in Krisensituationen schnell reagieren zu können. Zum anderen erschweren Konflikte und lokale politische Interessen, dass Hilfen die Betroffenen erreichen.
In Somalia etwa werde die Hilfe aufgrund der prekären Sicherheitslage an zentralen Sammelstellen außerhalb des Einflussgebietes der Al-Shabaab-Milizen verteilt, zu denen insbesondere bereits geschwächte Menschen kaum Zugang haben. In Kenia werde die Verteilung durch politische Widerstände behindert, weil (unerwünschte) Flüchtlinge aus Somalia einen erheblichen Teil der Bedürftigen ausmachen.“„Um langfristig die Anfälligkeit Ostafrikas für Hungerkrisen zu verringern, sei ein Paket an Maßnahmen notwendig.
Zentrale Bedeutung habe die Eindämmung von Konflikten. In Äthiopien beispielsweise wäre es ohne die kriegerischen Auseinandersetzungen in Tigray womöglich gar nicht zu einer Hungerkrise gekommen.
Da durch den Klimawandel extreme Wetterereignisse zunehmen werden, sei die Anpassung an diese erschwerten Bedingungen ein weiterer wichtiger Schritt. Bauern müssen zum Beispiel Zugang zu dürreresistenten Getreidesorten erhalten.
Hier können die EU und andere OECD-Länder, die schon jetzt die internationale Agrarforschung für tropische Regionen unterstützen, einen wichtigen zusätzlichen Beitrag leisten. Des Weiteren könnten Entwicklungsprojekte dabei helfen, auch in ländlichen Gebieten mehr Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft zu schaffen.
Solche Maßnahmen wären im Einklang mit dem Versprechen auf der letzten Klimakonferenz COP27 in Ägypten, Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel großzügiger zu finanzieren.“„Besonders betroffen seien die Trockengebiete in Äthiopien, Kenia und Somalia, in denen kaum Ackerbau möglich ist. Die Menschen dort leben überwiegend von der extensiven Weidehaltung von Rindern, Kamelen, Ziegen und Schafen.
Wenn der Regen ausbleibt, gibt es nicht mehr genügend Futter für die Tiere und die Menschen verlieren ihre Einkommensquelle. Am härtesten trifft die Dürre arme Familien, die ohnehin nur wenige Tiere halten.
Auch Familien, die über wenig Arbeitskraft verfügen, seien besonders betroffen, zum Beispiel verwitwete Frauen und ihre Kinder.“Auf die Frage, inwiefern Warnsysteme für die Region angemessen funktionieren, warum internationale Hilfen trotz Warnungen fehlen und inwiefern eine Parallele zur Hungersnot von 2011 besteht: „Die Warnsysteme liefern durchaus frühzeitig Hinweise darauf, dass Hungersnöte in der Region drohen. Das von den USA finanzierte Frühwarnsystem für West- und Ostafrika ,Fewsnet‘ habe schon Mitte Dezember 2022 für den Süden von Somalia eine Hungersnot in den Monaten April bis Juni 2023 vorhergesagt.
Leider fließen internationale Hilfsgelder in größerem Umfang aber meist erst dann, wenn in der Presse verstörende Bilder von fast verhungerten Kindern erscheinen. Dann sei es aber schon zu spät.
Daher gibt es durchaus eine Parallele zur Hungersnot in Somalia 2011.“Auf die Frage, wie Regierungen, internationale Geldgeber und Hilfsorganisation ihre Hilfsleistungen koordinieren und ob die Hilfsgüter alle Hungernden erreichen: „Für die Mobilisierung und Verteilung von Hilfsgütern wurden in den letzten Jahrzehnten umfangreiche Koordinationsmechanismen geschaffen. Auf internationaler Ebene spielt OCHA, das Büro der Vereinten Nationen für die Koordination von humanitären Hilfsaktionen eine Schlüsselrolle.
Auch haben die ostafrikanischen Länder Verfahren entwickelt, um Hilfsgüter an bedürftige Landkreise und Kommunen zu verteilen. Trotzdem bleibt es eine große Herausforderung, vor Ort tatsächlich die Hungernden zu erreichen.
Der Zugang zu Hilfsgütern sei nämlich oft besonders schwer für diejenigen, die am stärksten von Hunger betroffen sind: Kinder aus Familien, die arm seien oder die aus ethnischen oder religiösen Gründen diskriminiert werden. Ihnen fehlt es an dem politischen Einfluss, der notwendig wäre, um ihr Recht auf Nahrung durchzusetzen.“Auf die Frage, wie die ostafrikanischen Länder das Hungerproblem langfristig entschärfen könnten und wie die Länder des globalen Nordens dies unterstützen könnten: „Die ostafrikanischen Länder können das Hungerproblem langfristig nur entschärfen, indem sie in eine nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung investieren.
Dazu gehört zum Beispiel die Regenerierung von übernutzten Weideflächen und die Stärkung lokaler Strukturen, etwa Genossenschaften. Die Länder des globalen Nordens könnten Ostafrika dabei sehr effektiv unterstützen, zum Beispiel indem sie die Agrarforschung, die Agrarberatung und die landwirtschaftliche Ausbildung – besonders auch von Frauen – unterstützen.
Auch Stipendien für entwicklungsbezogene Studiengänge in Deutschland seien sinnvoll, in denen Studierende aus Krisenregionen zu Fach- und Führungskräften ausgebildet werden, zum Beispiel für nachhaltige Landbewirtschaftung. Diese Maßnahmen können sofort umgesetzt werden und haben eine langfristige Wirkung.“„Die meisten Länder am Horn von Afrika seien ganz oder teilweise betroffen: Somalia, Südsudan, Äthiopien, der Norden Kenias und der Nordosten Ugandas.
Diese Länder wurden von der Hungerkrise aufgrund von Dürre – zu wenig Regen, manchmal über mehrere Jahre hinweg – in Verbindung mit mehreren anderen Krisen auf lokaler, nationaler und regionaler Ebene schwer getroffen: Konflikte; logistische und sicherheitspolitische Probleme, die den Zugang der humanitären Hilfe zu den betroffenen Gebieten erschweren; lokale und regionale Covid-19-Ausbrüche und Heuschreckenplagen, die die Einkommen aller Haushalte schmälern und die Nahrungsmittelmärkte stören; politische Instabilität oder mangelnder politischer Wille.“„Vor allem in Somalia war und sei die Ernährungskrise schwerwiegender als in anderen Ländern, da sich zuverlässige Informationen nur schwierig und mit Zeitverzug beschaffen lassen und da die Regierungsstruktur zur Organisation der Hilfe schwach ist. Im nördlichen Äthiopien – eine der am schwersten betroffenen Regionen – sei die Hungerkrise nicht auf die Dürre zurückzuführen, sondern auf den Konflikt zwischen den Tigray-Rebellen und der nationalen Regierung, sowie auf das systematische Abschneiden der Region von humanitärer Hilfe.
Die meisten Regierungen in anderen Ländern – im Gegensatz zu Somalia – waren und seien in der Lage, mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft einen Großteil des Hungers und die Gefahr einer Hungersnot zu lindern, nicht aber andere Schäden und den Verlust von Lebensgrundlagen.“Auf die Frage, inwiefern Warnsysteme für die Region angemessen funktionieren, warum internationale Hilfen trotz Warnungen fehlen und inwiefern eine Parallele zur Hungersnot von 2011 besteht: „Das Problem liegt nicht bei den Frühwarnsystemen, von denen mehrere zumindest für die mittelfristigen Auswirkungen von El Niño und der Südlichen Oszillation (ENSO) funktionieren, die für viele Dürren im Horn von Afrika verantwortlich sind. Das Problem liegt vielmehr darin, dass die Regierungen den Notstand erst verspätet formell ausrufen und dass dies nicht schnell genug zu Handlungen führt.
Die Nichtregierungsorganisationen handeln bei solchen großen Katastrophen zu langsam, weil umfangreiche Hilfsgelder nicht oder nur verzögert eintreffen. Durch frühzeitiges Handeln der Geldgeber konnte eine Hungersnot 2017 in Somalia und dem Südsudan abgewendet werden.
Begrenzte und verzögerte Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft führten 2011 jedoch dazu, dass allein bei der Hungersnot in Somalia mehr als 250.000 Menschen starben.“„Die Krise der vergangenen Jahre scheint mit der Hungersnot in Somalia im Jahr 2011 vergleichbar zu sein – sowohl in Bezug auf die Verzögerung der internationalen Hilfe als auch in Bezug auf die Kürzung der Hilfsgelder. Trotz dutzender rechtzeitiger Warnungen von Forschern, UN-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen bleibt die Mobilisierung von Ressourcen zur Bewältigung der Krise in diesen Regionen eine große Herausforderung.
Im Jahr 2011 wurden die von der UN angeforderten Mittel nur zu etwa 50 Prozent gedeckt – unter anderem aufgrund von Anti-Terrorismus-Gesetzen (die Al-Shabaab-Milizen, die den Großteil des Landes kontrollierten, wurden von Geldgebern als terroristisch eingestuft; Anm. d.
Red.). In der gegenwärtigen Krise führen die Auswirkungen der globalen Covid-Krise und des russischen Krieges in der Ukraine zu einem Anstieg der Energie- und Lebensmittelpreise und verringern die Aufmerksamkeit und die Finanzierungskapazitäten der wichtigsten Geber für andere Krisen und für die Beschaffung von Mitteln.
Die Anwesenheit lokaler Milizen, insbesondere von Al-Shabaab, stellt weiterhin ein Risiko für die Hilfsmaßnahmen dar.“„Die Koordinierung zwischen den Vereinten Nationen (UN) (insbesondere das Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) und dem Welternährungsprogramm) und den internationalen Nichtregierungsorganisationen sei in der Regel gut etabliert. Das Welternährungsprogramm sei für seine gut organisierte Logistik bekannt und die Nichtregierungsorganisationen haben oft einen guten Zugang zur lokalen Bevölkerung, auch wenn es sicherlich noch einiges zu verbessern gibt.
Problematischer sei jedoch die Zusammenarbeit zwischen den Vereinten Nationen und Nichtregierungsorganisationen auf der einen Seite und den nationalen Regierungen auf der anderen Seite. Während des Krieges im nördlichen Äthiopien beispielsweise war die Koordinierung zwischen dem Welternährungsprogramm und der äthiopischen Regierung aufgrund des fehlenden politischen Willens mangelhaft.
Zu den Schwierigkeiten zählten das Misstrauen zwischen Regierungen und Gebern und der mangelnde politische Wille der Regierungen. Untersuchungen des German Institute of Development and Sustainability (IDOS) haben gezeigt, dass die Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen ohne gute Zusammenarbeit mit einer willigen lokalen Regierung die Wirksamkeit der Hilfe verringern und das Vertrauen der Bevölkerung in ihre Regierung untergraben könne [3].
Andere Schwierigkeiten seien die verzögerte und schwache Mobilisierung von Ressourcen, insbesondere in der gegenwärtigen Situation, wie oben beschrieben.“Auf die Frage, wie die ostafrikanischen Länder das Hungerproblem langfristig entschärfen könnten und wie die Länder des globalen Nordens dies unterstützen könnten: „Während einige Hungerprobleme ohne ein Ende der gewaltsamen Konflikte nicht endgültig gelöst werden können – wie etwa die in Tigray und in Somalia –, sei auch zu beachten, dass in einigen Fällen Hunger und Armut selbst Konflikte schüren und ohne Lösung dieser Probleme kein langfristiger Frieden erreicht werden kann. Zur Linderung des Hungerproblems in der Region seien verschiedene Ansätze und koordinierte Interventionen erforderlich.
Einige davon seien die folgenden:“„Die extensive Weidewirtschaft muss als wichtiges Mittel zum Überleben und zur effektiven Nutzung der natürlichen Ressourcen am Horn von Afrika beibehalten werden. Aber sie muss durch andere Quellen für den Lebensunterhalt der wachsenden Bevölkerung ergänzt werden.“„Es braucht Investitionen in die Bewässerung.
In einigen Gebieten erfordert dies Innovationen im Umgang mit salzhaltigem Wasser, und es erfordert immer eine Wasserbewirtschaftung, um die Wasserressourcen nicht zu überlasten und die Anfälligkeit für Dürren nicht zu verstärken.“„Lokales Wissen muss mit externen und wissenschaftlichen Erkenntnissen kombiniert und in die Planungs- und Frühwarnsysteme integriert werden. Nach einer ähnlichen Logik sollten partizipative Planung und Entscheidungsfindung unterstützt werden, auch um das Vertrauen in die Regierung zu stärken.“„Der regionale und internationale Handel muss gestärkt werden.
Eine bessere Integration der Region werde dazu beitragen, einen Teil des wirtschaftlichen Potenzials der Region auszuschöpfen und Nahrungsmitteldefizite und Preisschwankungen aufgrund lokaler Klimaschocks abzumildern. So gibt es selbst innerhalb einiger Länder Regionen mit Nahrungsmitteldefiziten und Regionen mit Nahrungsmittelüberschüssen, die nicht ausreichend miteinander handeln.
Auf regionaler Ebene habe sich die kenianische Regierung bereit erklärt, Weizenüberschüsse aus dem Nachbarland Äthiopien zu kaufen, wo eine umfangreiche Initiative zur Weizenproduktion gestartet wurde. Auf kontinentaler Ebene verspricht die African Continental Free Trade Area in Zukunft große Märkte zu schaffen, sodass vorübergehende und dauerhafte regionale Nahrungsmittelungleichgewichte besser ausgeglichen werden können, ohne sich zu sehr auf die internationalen Märkte zu verlassen, die immer instabiler zu werden scheinen.“„Die Lebensgrundlage der Menschen könne durch Vorbeugung von Schocks geschützt werden, zum Beispiel durch das Versicherungsprogramm ‚African Risk Capacity‘, das vom Bundesentwicklungsministerium über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und durch Mikro-Versicherungen umgesetzt wird.
Unsere jüngste Studie zeigt beispielsweise, dass die Bereitstellung subventionierter Viehversicherungen für Viehzüchter in Äthiopien und Kenia diese nicht nur vor Dürreschocks, sondern auch vor Konflikten schützt und damit zu Frieden und Stabilität beiträgt.“„All diese Maßnahmen können vom globalen Norden und von der Entwicklungshilfe unterstützt werden. Am Horn von Afrika, das regelmäßig mit Dürren und anderen Schocks konfrontiert ist, muss besonders darauf geachtet werden, dass Entwicklungs- und Nothilfe eng miteinander verzahnt werden und dass alle Maßnahmen unter besonderer Berücksichtigung von Konflikten durchgeführt werden (,Do No Harm-Prinzip‘).“Dr.
Lukas Kornher: „Ich erkläre, dass kein Interessenkonflikt besteht. Ich bin zurzeit drittmittelfinanziert über ein Forschungsprojekt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).“Prof.
Doktor Rainer Thiele: „Bei mir liegen keine Interessenkonflikte vor.“Prof. Doktor Regina Birner: „Ich habe keine Interessenkonflikte.“Science Media Center (2022): Dürre und Ernährungssicherheit in Ostafrika: Langfristige Lösungen und die Rolle des globalen Nordens.
Press Briefing. Stand: 03.06.2022.[1] Kornher L et al.
(2023): The global food crisis will not be over when international prices are back to normal. ZEF Policy Brief.[2] Kornher L et al.
(2022): G7 Development Assistance for Food Systems to Lift 500 Million People out of Hunger by 2030. ZEF Policy Brief.[3] Camacho LA et al. (2017): Cash transfers, food security and resilience in fragile contexts: general evidence and the German experience.
Discussion Paper 9/2017, Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE).[VI] Maxwell D et al. (2016): The Somalia Famine of 2011–12. Planning From the Future..
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